nightswimming

Die Sonne kriecht ganz langsam den Bahndamm hoch. Erscheint irgendwie morgenmuffelig. Taucht den Kanal unter sich in ein seltsam blaubleiches Licht. Ein Licht, in dem sich sonst nur die Brötchenlieferanten und die Unverzagten, Einsamen begegnen, die das letzte Bier gleich dreimal tranken, .

Ich stürze unbeholfen ins Gras, meine Beine in der Hose gefangen, die ich ohne langes Nachdenken schon im Gehen öffnete. Ich bin hellwach. Die Dämmerung lässt die Wasseroberfläche in leichten Bläschen glitzern und der scharfe Anisschnaps, den ich irgendwann anfing zu trinken, wohl um von meinem Beobachterposten zu steigen, macht es mir gerade vollkommen egal, dass es kein sonderlich warmer Sommermorgen ist. Eher ein zögerlicher, zaghafter, zärtlicher. Ein großartiger.

Jetzt schwimmen zu gehen, habe ich zu P. gesagt, das wäre der krönende Abschluss eines Abends, der genauso war, wie ich ihn wollte und merkte dabei gar nicht, wie ernst mir das war.

Bis ich jetzt hier hocke, mit meinem Zeh die Wassertemperatur teste, mir wie in einem Comic vorkomme dabei und mich dann reinplumpsen lasse. Einfach so. 

Mich auf den Rücken lege, viel mehr lebendiger als toter Mann bin dabei, und dem Mond zuwinke, der nur noch müde blinzelt.

P. zögert noch, aber natürlich springt sie schließlich.

Wir quieken kurz, schwimmen dann ruhig eine Weile, das kühle, schwarze Wasser hüllt mich ein, ich bin benebelt und glasklar. Ziehe langsam und bewusst jeden Zug, den Kopf über Wasser, um ja nichts zu verpassen hier draußen.

Für einen Moment schlucke ich ein bisschen viel der Kanalbrühe, huste, komme aus dem Rhythmus, strampele kurz .

P.: Wehe.

Ich: Keine Angst.

Wir erreichen das andere Ufer in einer Leichtigkeit, stoßen uns wieder ab, wollen zurück, in Bewegung bleiben, gegen aufsteigende Kälte und ... die Realität, vielleicht.

Ich drehe mich immer wieder auf den Rücken, genieße es, einfach nur so da zu liegen auf dem Wasser.

Wir steigen über eine Leiter aus dem Kanal und rasch in unsere Klamotten, ich muss an französische Komödien denken, als ich mein sofort pitschnasses Hemd zuknöpfe und den groben Wollpulli umständlich überstreife. Wir stehen da mit nassem Haar und wirrem Kopf, es ist herrlich und gleichermaßen irritierend, ein Gefühl zwischen Geheimnis teilen und ertappt werden.

Irgendwas fühlt sich sehr bedeutsam an in diesem Moment am Abschluss eines sehr aufgeladenen Abends und ich bin total froh, diesen mit P. teilen zu können, auch, damit er eine Geschichte wird, die ich erzählen, aber eben auch eine, der ich zuhören kann, die es dadurch auch von außen betrachtet gibt und irgendwie realer.

Wir verabschieden uns und ich gehe nach Hause. Ruhig, erfüllt, lebendig.

Es ist jetzt vollkommen untrüglich hell- auch das hatte ich mir so gewünscht- und mir ist nicht klar, ob das ein Anfang oder ein Ende ist. Und wenn, wovon.

Vor allem ist mir nicht klar, ob das überhaupt ein Unterschied ist.

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